Dinge wie Form, Umgang, Manieren und vor allem eine positive, konstruktive Kunst, sind unverzichtbar, da diese Welt im Allgemeinen ein sehr häßlicher und schwer zu ertragender Ort ist. Noch dazu, und das ist das Schlimmste, wird kein zur Selbstreflexion fähiger Mensch umhin kommen, einzugestehen, daß er selbst einen guten Teil dieser Häßlichkeit in sich selber trägt. Da nun also das, was wir das Böse nennen, oder auch Krankheit, Wahnsinn, Angst und solche Dinge unmöglich aus der Welt zu schaffen sind, - wir sind ja alle ausnahmslos selber kontaminiert - ist das Beste was wir tun können, ein Mindestmaß an Harmonie wenigstens in der Erscheinungswelt herzustellen. Stattdessen tut beispielsweise die sogenannte Moderne "Kunst" gerade das Gegenteil, indem sie das ohnehin ästhetisch ausgehungerte Publikum erst recht mit der Nase in den Schmutz drückt. Sie trägt den Gestank und Schmutz der Gosse eifrig in die letzten Winkel, wo diese noch nicht von selber hineingedrungen sind. Dann haben wir einen marxistischen Papst, der unentwegt Dinge vom Stapel läßt wie: "Die Kirche muß an die Ränder der Gesellschaft gehen und nicht davor zurück schrekken, sich schmutzig zu machen."
Was
soll das? Was will der Mann uns damit sagen? Er scheint die Geschichte
und Tradition seiner eigenen Kirche nicht zu kennen, insofern es nicht
um die lateinamerikanische "Rote Kapelle" des 20. Jhs. geht. Die Kirche
ist immer an den Rändern der Gesellschaft präsent gewesen, früher
vermutlich stärker als heute. Der ganze soziale Gedanke, selbst in
seiner marxistischen Perversion wäre ohne das Erbe des Christentums
undenkbar. Nur sah eben die Kirche beispielsweise des Hochmittelalters
anders als der große Vorsitzende des Zentralkommitees der
kommunistischen Partei des Vatikans keinen Widerspruch zwischen Caritas
in den Slums und an den Pestkranken einerseits, und dem Errichten der
schönsten, prächtigsten, erhabensten Bauwerken der Menschheitsgeschichte
andererseits. Fünfzehnhundert Jahre lang ist es die Kirche gewesen,
welche den gesamten abendländischen Kunstbetrieb innehatte. Vor dem
Beginn der Renaissance hat es nicht einmal einen Unterschied zwischen
profaner und religiöser Kunst gegeben. Denn jegliche Kunst war religiöse
Kunst gewesen. Und man mag zum Glauben stehen wie man will: Vor den
Zeugnissen christlicher Baukunst, christlicher Malerei, christlicher
Musik sammeln sich noch heute die Massen ehrfurchtsvoll. Wen aber,
ausser ein paar snobistischen kosmopolitischen Koksnasen interessiert
die zeitgenössische "Kunst"? Eben. Niemanden. Denn diese Kunst ist
häßlich, mickrig, oft auch einfach nur langweilig, uninspiriert,
autistisch, defaitistisch, negativ - minderwertig. Sie unterscheidet
sich in Nichts von der stumpfsinnigen, deprimierenden Realität des
Alltagslebens, ausser vielleicht, daß sie diese sogar noch unterbietet.
Es ist das Normalste von der Welt, daß ein junger Mensch im Zuge seines
Reifeprozesses eines Tages feststellt, daß die echte Welt weitaus
düsterer und ambivalenter ist, als sein kindliches Ich sich das hätte
träumen lassen. Den bitteren Realitäten der Selbst- wie der
Welterkenntnis soll man sich unbedingt stellen, keine Frage. Aber bei
diesen Pfuschern ist es, als würden sie über die Pubertät niemals hinaus
kommen. Sie stellen ein paar unschöne allgemeine Tatsachen fest, die
ein gesunder, positiver Mensch zur Kenntnis nehmen und in sein Weltbild
eben integrieren würde, - und krallen sich daran fest. Sie verbeißen
sich regelrecht in ihrer "sozialen Frage", als ob es keine anderen
Probleme und Lebensinhalte gäbe. Sie entwickeln eine Besessenheit für
alles Negative, woran freilich kein Mangel herrscht, werden dabei
ignorant gegen die andere Seite der Medaille und gelangen schließlich
dahin, alles Schöne, Elegante, Erhabene zur Lüge zu erklären. Sie können
es nicht ertragen, daß nicht alle Menschen sich wie sie in Selbsthass
und falschem Mitleid (welches in Wahrheit Eitelkeit ist; die
vermeintliche moralische Überlegenheit schmeichelt den Minderwertigen
wie nichts anderes) suhlen und wollen sie nun kurzerhand dazu zwingen,
indem sie eifrig wie die Ikonoklasten des alten Byzanz alle (in ihren
Augen verlogene) Schönheit aus der Welt zu tilgen suchen, bis daß den
Leuten gar nichts mehr übrig bleibt, als sich endlich den sozialen
Mißständen zu widmen, quasi mangels Alternative. Schließlich lenkt die
Schöngeisterei ja nur ab vom Wesentlichen, nämlich der unerhörten
Tatsache, daß es auf der Welt doch tatsächlich Ungerechtigkeit gibt.
Sowas aber auch. Die gesamte Menschheit zu Freiheit, Gleichheit,
Brüderlichkeit zu erziehen ist ein genau so lächerliches Unterfangen,
als wolle man es der Tierheit austreiben, sich gegenseitig aufzufressen.
Viel Spaß damit.
Jede menschliche
Existenz, selbst die des Reichen ist so voll von Armseligkeit, Schmerz
und Enttäuschungen, und zwar unausweichlich, daß meines Erachtens die
größte Barmherzigkeit nicht im Verteilen von Brot besteht, sondern im
Wirken des wahrhaft grossen Künstlers, der den Menschen Werke
hinterläßt, an denen sie sich aufrichten können, die ihnen inmitten all
des Schmutzes der Welt erlauben, wenigstens für Augenblicke die Freuden
des Paradieses zu kosten, welche selbstverständlich nicht geistiger,
sondern immer nur ästhetischer Natur sein können. Ein rein geistiges
Himmelreich, das meine Sinne nicht ergötzt, darauf pfeife ich. Das ist
blaß, das ist langweilig, das ist viel zu abstrakt, um der menschlichen
Natur jemals gerecht werden zu können.