Leib und Geist sind den beiden Hauptsphären des Materiellen und Spirituellen (links - rechts) zugeordnet. Sie sind weder gut, noch böse, sondern beides. Die Seele aber, der exakte Mittelpunkt ist weder gut, noch böse, noch zwingend beides. Sie ist der größte Widerspruch des Universums. Ihre bloße Existenz widerspricht aller Vernunft, denn sie ist die Schnittstelle zwischen Geist und Leib, Gott und Teufel. Und plötzlich wird es völlig klar, warum man sterben muss, oder, noch krasser, mit den Worten des Evangeliums "seine Seele verlieren," um in das Himmelreich zu gelangen. Denn dieser Widerspruch, den die Seele darstellt muss gelöst (also aufgelöst) werden. Das heißt, in dem Moment, da ein Mensch die ewige Seligkeit erlangt, zerreißt es ihn sprichwörtlich im Innersten, weil sein (mystischer) Körper unter dem Übergewicht Gottes nachgibt. Doch, wenn Erlösung auf solche Art geschieht, so mag man nun fragen, was bliebe dann von dem Erlösten übrig? Wir dürfen uns jenes Bild vom Kreuz (dem in sich gespaltenen Kosmos) an dem der Mensch aufgespannt ist, mit seiner Seele im Zentrum keineswegs statisch vorstellen. Denn das, was da aufgespannt ist, der Mensch nämlich, ist elastisch. Statisch ist die hölzerne Zeit. Sie ist das einzige, das überhaupt statisch ist, denn die sie umgebenden 8 Haupt- Sub- und Subsubdimensionen sind hoch dynamisch. Die Stärkste Spannung wirkt zwischen Gott und Teufel, sie ist die alles Entscheidende. Doch es kommt noch eine letzte Kraft hinzu, die des Menschen, die ihm seine Seele verleiht. Die Seele ist also auch dynamisch. Sie kann durch Einsatz ihrer Kraft entweder mithelfen, ihren Träger zu zerreißen, in dem sie einer der Kräfte hilft, oder mit Gewalt eine Entscheidung hinauszögern, indem sie sich gegen alle Kräfte gleichzeitig stemmt, oder mit den Worten Jesu "ihr Leben festhält". Dies ist es, was wir Mittelmäßigkeit zu nennen belieben, das bloße Verharren in der Mitte der realen und - wie wir gleich heraus finden werden - der eigenen Welt. Die endgültige Verweigerung einer Entscheidung zwischen den das Individuum umgebenden Kräften, die freilich so endgültig auch wieder nicht ist, denn man zögert sie ja dadurch nur bis zum Tag des Gerichts hinaus, wo alles entschieden wird. Es wird aber alles noch eine Stufe komplizierter. Denn bisher haben wir nur erörtert, was außerhalb der Seele liegt. Richten wir unseren Blick nun also auf das Innere der Seele. Sie ist nämlich keineswegs ein Fixpunkt, ein Atom quasi, sondern birgt in ihrem Inneren (man merke auf!) noch einmal ein komplettes Abbild des sie umgebenden Universums! Alles außerhalb der Seele wollen wir die objektive Welt nennen. Das Abbild dieser Welt im Inneren hingegen die subjektive. Das Bild (dessen Unzulänglichkeit mir vollkommen bewusst ist) wollen wir an dieser Stelle bitte sehr wörtlich nehmen. Wenn die subjektive Welt nämlich ein Abbild der objektiven ist, lässt sich keineswegs mehr behaupten, die eine hätte mit der anderen nichts zu tun. Die beiden Welten haben sogar sehr viel mit einander zu tun. Doch was ist nun das, was sie miteinander zu tun haben? Wir wollen es das Interesse nennen. Das Interesse nämlich ist das Verhältnis, in dem sich die innere zu der äußeren Welt befindet, genauer: das Verhältnis in dem sich der innerste Wesenskern der Seele zur subjektiven Welt befindet, wodurch er indirekt Einfluss nimmt auf sein Verhältnis zur objektiven Welt. Und von diesem Verhältnis hängt schlechthin alles ab. Das Verhältnis schafft eine Durchlässigkeit zwischen subjektiver und objektiver Welt. Dadurch wird das innere Abbild des Universums veränderlich. Denn je nachdem, wie das Individuum durch seine Kraft das Kräfteverhältnis im inneren Spannungsfeld verändert (das äußere kann es nämlich nicht beeinflussen) gewinnt nun tatsächlich die eine oder andere, der um es streitenden Kräfte des Universums die Oberhand. So entsteht ein Wechselverhältnis zwischen den von außen wirkenden Mächten und der inneren Kraft der Seele. Nun wäre es aber zu einfach, wenn die Mächte alle gleich stark an der Seele zerren würden. Tun sie nämlich nicht. Der ans Kreuz genagelte Mensch war ja kein Bild für das Universum an sich, sondern nur für die Stellung des Einzelnen darin. Die Lebenssituation einer Person ergibt sich in einem ersten Schritt daraus, welche der Mächte wie stark auf sie einwirken. Erst in einem zweiten Schritt wird die Person dazu befähigt, selbst an ihrem Schicksal mit zu wirken. Die Art und Weise, wie sie diesen Schritt vollziehen soll, hängt aber ganz und gar davon ab, was im ersten a priori geschehen ist. Aus diesem entscheidenden Sachverhalt ergibt sich das, was man die Bestimmung, oder Berufung eines Menschen nennt. Nur ungern trotze ich der Versuchung, dazu Beispiele anzuführen, dieses mal nicht, weil es unmöglich wäre, sondern weil ich zu einem Ende kommen sollte. Halten wir nur fest: Meine Berufung wird schon festgelegt, bevor meine eigene Entscheidung ins Spiel kommt. Die Eigenkraft der Seele, durch die sie ihre innere Welt gestaltet (sich also mit der Phantasie, einem Teil von sich, ähnlich Gott schöpferisch betätigt) und so gegen die Realität (ein allzu schwaches Wort, das damit auszudrücken, was ich eigentlich meine!) durchlässig wird, sodass diese wiederum auf die innere Welt einwirkt will ich als den Willen benennen. Merken wir uns: Durch den Willen lässt sich immer nur ausschließlich die subjektive Welt verändern, aber durch diese Veränderung bricht die Realität erst in sie ein. Niemand ist deswegen weiter von der Realität entfernt, als wer in sich ruht. Er hat außerdem die Ruhe nicht etwa in sich selbst gefunden, denn da kann keine Ruhe sein, sondern er hat sie mit einem Gewaltakt selbst hergestellt, indem er sich buchstäblich zusammenriss, um das Equilibrium zwischen inneren Kräften und äußeren Mächten wieder herzustellen.
Wenn der Wille eine Kraft ist und Kraft etwas mit Macht zu tun hat, Macht aber Stärke ist, dann hängt der Wille mit der Macht zusammen, genauer: Mit seinem Verhältnis zur Macht; und kann, wenn er stark ist, leicht mit Macht verwechselt werden. Denn: Macht hat man nicht. Macht wirkt auf einen. Man bildet sich vielleicht ein, Macht zu haben, wenn eine Macht zufällig in der Weise auf das eigene Leben einwirkt, die man sich gewünscht hat (wobei Wünschen wiederum ein Willensakt wäre - und dies ist der Zusammenhang von Wille und Macht). Der Wille wünscht und die Macht reagiert, jedoch keineswegs zwingend in der Weise, die er gewünscht hat. Denn ob der Einfluss des Eigenwillens auf die innere Welt ausschlaggebend ist, das hängt nun ganz von seiner Stärke ab. Nehmen wir einmal an, Gott und Teufel, Materie und Geist würden auf ein Individuum in der Weise einwirken, dass keine Macht die Oberhand gewänne. Dann hätte es zunächst einmal wirklich Ruhe, welche auch in diesem Falle nicht von Innen käme, sondern vielmehr das Resultat äußerster, jedoch gleichbleibender Spannung von Außen bliebe. Die geringste Willensregung seinerseits würde nun jenes Gleichgewicht in einem Augenblick zerstören und zum Sieg von Gott oder Teufel im Ringen um seine Seele führen, denn, wir erinnern uns, die vertikale Spannung überwiegt stets die horizontale (bzw. würde durch ein Zerbrechen des Kreuzes die vertikale Schranke einstürzen, die horizontale jedoch endgültig undurchlässig). Diese (rein fiktive) Situation wäre das, was allgemeinhin als der freie Willensakt bekannt ist. Da dieser Fall jedoch für gewöhnlich niemals eintritt, die Fliehkräfte stattdessen unterschiedlich stark auf die Seele einwirken, tritt die Stärke des Willens als (wiederum nicht zwingend) entscheidender Faktor hinzu. Im schlimmsten Falle wirkt eine der Fliehkräfte so stark, dass die Seele mit ihrem Willen gar nicht mehr dagegen halten kann. Das nennt man Schicksal. Keineswegs ist es so, dass alles Schicksal wäre und dass niemand eine Wahl hätte. Aber es gibt das Schicksal und es kann (muss nicht) einer Person die Entscheidung abnehmen. Im günstigeren und weitaus häufigeren Falle besitzt die Seele genügend Kraft, um bis zum Eintritt des (natürlichen) Todes (also dem finalen, wenn auch nicht unabwendbaren Einbrechen des Schicksals in ihr Leben) die Entscheidung hinaus zu zögern (Stichwort Mittelmäßigkeit: "In der Ruhe liegt die Kraft"). Das wäre dann auch Schicksal, nur eben verzögertes. Im höchst seltenen optimalen Falle ist eine Seele stark genug, um selbst zum Zünglein an der Waage zu werden, ja vielleicht sogar dem Schicksal in die Speichen zu fahren. Dies wäre dann ebenfalls ein "freier Willensakt", kraft einer Freiheit allerdings, die man ihr nicht geschenkt, sondern die sie sich genommen hätte, der, wie die beiden vorangegangenen Beispiele ebenfalls in den Tod des Betreffenden resultieren würde, da ja die Spannung durch Eskalation gelöst würde (denken wir immer daran, dass der Willens- oder Kraftakt eine Form von Mitarbeit mit den äußeren Mächten bedeutet) . Die Menschen, denen so etwas gelingt, nennt man entweder Heilige oder z.B. Bestien, je nachdem wofür sie sich entscheiden. Eindeutig gut und böse sind nur die Menschen, die einen gigantischen Willen besitzen. Alle anderen sind zur Mittelmäßigkeit verdammt und mehr oder weniger dem Schicksal ausgeliefert. Allerdings gibt es noch einen Sonderfall, der alleine deshalb berücksichtigt werden muss, weil er wesentlich häufiger eintritt als der optimale. Wenn nämlich einer z.B. aufgrund von Angst eine gewisse Zeit seines Lebens in jenem künstlich erzeugten Ruhezustand verbracht hätte, diesen feigen Kraftaufwand eines Tages bereuen würde, aber festgestellt hätte, dass Gott seine Seele stärker an sich zieht, als Satan, dann bestünde sein ganzes Verdienst (mit dem er sich das ewige Leben verdiente) darin, den Widerstand gegen Gott aufgegeben zu haben und er wäre gerettet. Vielleicht ist mein Modell ja fehlerhaft (nun, ganz bestimmt sogar, aber gerade an dieser Stelle?) und es verhält sich mit allen Menschen so? Meint Paulus das, wenn er sagt "wo ich schwach bin, bin ich stark"? Das kann ich jedenfalls nicht glauben. Und genau hier liegt das Problem, egal, welches Modell man zur Anwendung bringt, denn Glaube ist am Ende nichts als ein bloßer Willensakt. Hinter jedem schwachen Glauben steht ein schwacher Wille. Dieser Wille wird zwar durch seine Kooperation mit den Mächten (je nachdem an welche Macht man glaubt - man kann ja auch an die Welt glauben, oder an den Teufel) erst wirksam, weshalb auch der durch Glauben gerettete nicht behaupten könnte, sich selbst gerettet zu haben und doch ist er ausschlaggebend für das Schicksal, entweder durch seine Schwäche, oder durch seine Stärke.
(Wird fortgesetzt...)
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